Kanitz-Kyawsche Gruft, Hainewalde
In Hainewalde, einem langgezogenen Dorf im Tal und an den Hängen des Flüsschens Mandau, befinden sich mehrere Denkmale. Der größten Berühmtheit erfreut sich jedoch die hiesige Gruft, ein Bauwerk, dessen Existenz man in vielen anderen Orten trotz Denkmalschutz oft nicht einmal bemerkt. In diesem Fall reicht es jedoch aus, sich eine Fotografie des Bauwerks anzusehen, und man wird sofort werden in seinen Bann gezogen.
Nicht weniger interessant ist auch seine Geschichte. Die Gruft stammt aus dem Jahr 1715. Der Bauherr war Otto Ludwig von Kanitz, Besitzer des hiesigen Herrschaft, der sie für sich und seine Frau Viktoria erbauen ließ. Offenbar hat sie den Platz eines Großguts eingenommen, das ursprünglich hier stand. Allgemein wird angenommen, dass es sich um das Werk eines italienischen Barockkünstlers handelt, der am Hof von August dem Starken von Sachsen tätig war, unter dessen Herrschaft Dresden und ganz Sachsen eine bislang nicht gekannte Blüte erlebte. Dies war einerseits Augusts Besitz der polnischen Krone zu verdanken, aber auch seinen Bemühungen, sich den unerreichbaren französischen Vorbildern anzunähern. Die bildhauerische Verzierung wird Franz Biener aus Deutsch Gabel (Jablonné v Podještědí) zugeschrieben, der auch an der Ausschmückung der bekannten Loretokapelle in Rumburk sowie der Basilika in Jablonné v Podještědí beteiligt war, die zu den bedeutendsten architektonischen Werken Europas gehört. So kann sich auch das kleine Hainewalde gemeinsam mit Dresden und Jablonné v Podještědí zu den Orten zählen, wo einige der bedeutendsten architektonischen Werke des Barocks erschaffen wurden und wo sich einige der erstklassigen Künstler ihrer Zeit die Hand reichten.
Die einheimische Bevölkerung blieb jedoch in seinem Dorf ungeachtet der globalen Einflüsse weiter mit beiden Beinen fest auf dem Boden und nannte die Gruft „Unruhe“, „Ungeduld“ oder „Begräbnis“. Es ist nicht ganz klar, ob die Menschen damals die innere Dynamik des barocken Bauwerks wahrnahmen oder ob es ihnen töricht erschien, dass sich noch lebende Menschen ein – damals mehr als heute – bislang ungesehenes Bauwerk errichten ließen, von dem sie im Grunde genommen nichts mehr haben würden.
Das Exterieur der Gruft ist reichlich mit Säulenkolonaden und weiteren architektonischen Elementen in dynamischer barocker Manier verziert. Besonders geschätzt werden insbesondere die 17 Sandsteinstatuen. Sie sind zu beiden Seiten des Bauwerks in symmetrisch angeordneten Nischen aufgestellt, die die Front an den Stellen gliedern, an denen sich sonst nach architektonischen Regeln Fenster befinden würden. Ein weiteres Paar befindet sich in sitzender Haltung zu beiden Seiten der Supraporte, einer architektonischen Betonung des Bauwerks durch eine gegliederte Bekrönung der Türportale. Die siebzehnte Statue stellt einen Engel dar, der die Spitze des Bauwerks bildet. Alle Figuren besitzen eine allegorische Bedeutung, durch die der hier sehr realistisch dargestellte irdische Wehmut und die himmlische Seligkeit in Kontrast zueinander gesetzt werden.
In den Jahren 1993 und 2000/2001 wurde die Gruft restauriert. In den Jahren 2006 und 2007 fand eine archäologische Untersuchung der Krypta statt. Neben den Gräbern des Geschlechts der Kyaw wurde eine weitere Grabkammer mit Särgen entdeckt. Darin sind Barbara Braun († 1597), ihr Sohn